Gangrel info

Das Tier kennt nicht Vergleich mit dem Gegner,
sondern nur dessen Vernichtung.

– Adalbert Stifter (1805-1868)

Die Gangrel sind Wanderer zwischen den Welten. Rastlos, still, beobachtend. Die Gangrel haben für gewöhnlich keine festen Führer, aber hier, in Deutschland, im Herzen Europas, wandeln noch einzelne Ahnen umher, die in früheren Tagen als Götzen und Götter angebetet wurden.

Der heidnische Glaube ist noch wach in Clan Gangrel in Europa, und mit diesem kommt ein starker Glaube an die Stärke des Einzelnen und das Überleben des Stärksten. Wie in früheren Zeiten der Gott am stärksten galt, der sein Volk am stärksten machte, so glauben auch heute noch die Gangrel an diesen Grundsatz, dass Macht gleich Recht ist.

Anders als in Amerika ist der Mystizismus und vor allem der Natur- und Geisterglaube im Clan lebendig – wenigstens unter den Ahnen. Es soll sogar „Stämme“ von Gangrel geben, die eigene Schutzgeister anbeten oder in Kriegszeiten wilde Bemalung auflegen.

Umgekehrt ist in den Städten eine junge Generation von Gangrel entstanden, die oftmals mehr Ähnlichkeit mit Brujah besitzen als mit den naturgläubigen Wanderern der Wildnis. Ähnlich den „Kulturfolgern“ unter den Tieren verinnerlichen diese „Stadtgangrel“ die Überlebensprinzipien von Hunden, Füchsen, Tauben, Ratten oder anderen Stadttieren. Einige von ihnen siedeln sich in der Szene der Obdachlosen und Punks an, andere hingegen schwelgen geradezu in ihrer Stadt-Haftigkeit, wodurch diese oft in Konflikt mit dem Rest ihres Clanes geraten.

Als Gangrel-Spieler solltest du dich entscheiden zwischen einem klassischen, im Wald hausenden Gangrel (der dann eben in der Zeit zwischen den Sessions durch die Wälder streift) oder einem Stadtgangrel (Vorsicht vor diesem Wort: Regelfüchse können dies mit der „offiziellen“ Bezeichnung einer bestimmten Art von Sabbat-Gangrel verwechseln – trotzdem ist der Name treffend und sollte verwendet werden).

Ansonsten gibt es wenig einheitliches über das Spiel der Gangrel zu sagen – vielleicht der überzeugendste Grund, sich sehr genaue Gedanken über deinen Charakter und seine Empfindungen über die Erschaffung als Vampir zu machen. Üblicherweise nämlich erschafft ein Gangrel, nachdem er sein zukünftiges Kind eine ganze Weile studiert hat, dieses einfach so – überraschend und kommentarlos – um es dann seinem Schicksal zu überlassen.

Auch du hast wahrscheinlich keine Erklärung erhalten, was mit dir geschehen ist, und alles selbst lernen müssen: Dass Sonnenlicht schmerzt, dass du Blut trinken musst, wie man jagt, welche Gesetze es gibt usw.

Ein frischgeschaffener Gangrel ist praktisch die einzige Rolle, die man als neuer Spieler sofort spielen darf, denn der Charakter weiß über das ganze Spiel genauso viel wie der Spieler: ABSOLUT NICHTS!

Gangrel bemessen den Wert eines Kindes daran, ob es überlebt. Wenn ein Kind seine Erschaffung und die Zeit danach überlebt, erfolgt – wiederum unangekündigt – eine rituelle Jagd durch alle Gangrel der Gegend. Überlebt das Kind auch diese, wird es in den Reihen der Gangrel aufgenommen – zum Stolz des Erschaffers.

Dies sollte dir bewusst sein: Dir ist nach deiner Erschaffung NICHTS geschenkt worden, und das Gejammere der anderen Kainiten, wie schwer sie’s doch haben, kann dich sehr erzürnen. Die verwöhnten anderen Kainiten haben von den Herausforderungen des Lebens keine Ahnung – DU aber weißt jederzeit, dass DU – aus DEINER EIGENEN Kraft – überleben kannst.

Und wenn du stirbst, hast du es nicht anders verdient.

Der Clanvorteil

Der Clanvorteil der Gangrel ist eigentlich, dass die meisten Prinzen die Wanderer kommen und gehen lassen, wie sie wollen. Logisch, dass in der Chronik dieser Vorteil nicht ganz so toll ist wie im Tischrollenspiel. Es hat sich aber eingebürgert, dass Prinzen (und andere Ahnen) generell gegenüber den Gangrel toleranter z.B. in Fragen der Etikette sind als gegenüber anderen.

Gangrel mögen kommen oder gehen, sich vorstellen oder nicht – meist interessiert das niemanden (allerdings auch nicht, wenn ein Gangrel stirbt). Keine Gnade aber darf ein Gangrel erwarten, der gegen das Gesetz der Zerstörung oder der Maskerade verstößt.

Der Clannachteil

Für jede Stufe Gestaltwandel und jede jemals durchlebte Raserei erhält ein Gangrel ein Tiermerkmal – und bei jeder Raserei kommt eines hinzu. Im Sinne des Spieles und für die Atmosphäre des Clanes wird von dir als Spieler erwartet, dass du dich schminkst und deine Tiermerkmale zeigst. Natürlich ist es okay, 1-2 Tiermerkmale zu haben, die man halt einfach nicht sieht (Schuppen auf der Brust, Klauen an den Füßen etc.), aber du solltest klar als Gangrel erkennbar sein und deine Tiermerkmale mit Stolz tragen. Bei der Zusammenstellung der Tiermerkmale, dem Besorgen von Vampirzähnen, Tieraugen-Kontaktlinsen, Klauen, Perücken, Schminke etc. sind dir die SL und die anderen Spieler gerne behilflich (da haben sich einige Tipps angesammelt im Laufe der Zeit).

Auf jeden Fall solltest du dir – so du Gestaltwandel 2 oder mehr hast – ein paar Klauenhandschuhe kaufen oder basteln, die du leicht an- und ausziehen kannst. Diese benötigst du zur Darstellung deiner Wolfsklauen – ohne Klauenhandschuhe kannst du Wolfsklauen nicht einsetzen!!!

Rollenspieltipps

– Knie niemals. Sei höflich, aber stolz. Sei respektvoll, aber nicht unterwürfig.

– Sei misstrauisch gegenüber Vorschlägen von Brujah zur Zusammenarbeit. Ja, Gangrel und Brujah haben viel gemeinsam – aber wenn man mit den Brujah gemeinsame Sache macht, hat man alle Clane gegen sich, mit denen sich die Brujah anlegen (also alle).

– Versuche dich als „Landgangrel“ nicht in die Intrigen der Stadtkainiten ziehen zu lassen.

– Nimm dir in deinem ganzen Gebaren und Denken ein Tier zum Vorbild, von dem du auch die Mehrzahl deiner Tiermerknale hast (Studiere Shadowrun-Regeln zu Schamanen, da gibt’s einige gute Ideen) – dadurch betonst du die große Verwandtschaft der Gangrel zu den Tieren.

– Versuche immer tiermäßig zu wirken. Hocke dich auf die Zehenspitzen, laufe auf und ab wie ein gefangenes Tier, baue Knurrlaute in die Sprache ein.

– Denke dich gegenüber anderen Gangrel als Wolf, denn die Gangrel folgen den Rudelgesetzen der Wölfe. Sei unabhängig, aber achte den jeweiligen lokalen Alpha. Verteidige deinen Rang im Rudel unerbittlich.

– Als Landgangrel sei mystischer als die Stadtgangrel. Die World of Darkness ist eine magische Welt, und Vampire sind nicht die einzigen Übersinnlichen Wesen.

– Rede nicht über die Werwölfe, als seien sie Kumpels oder dir bestens bekannt. Selbst als Gangrel wirst du von den Werwölfen nicht derart akzeptiert, dass du weisst, was ein „Ahroun“ oder ein „Get of Fenris“ ist. Du hast – als Landgangrel – vielleicht Geschichten gehört, dass die Werwölfe wie die Kainiten in Clanen oder Stämmen organisiert sind, und dass sie alten germanischen und slawischen Göttern folgen (wie viele alte Gangrel auch) aber DAS WAR’S!

– Rede niemals vom Wyrm. Das ist einfach nur peinlich. Wenn du nicht weißt, was das ist, versuch‘ es nicht in Erfahrung zu bringen. Der Wyrm hat bei Vampire nichts verloren, und die ganz und gar ungermanische und unslawische Teilung der Welt in die drei Aspekte, von denen White Wolf in den Werwolf-Büchern faselt, schon grad gar nicht. Überlasst pseudo-keltisches Esoterikgebrabbel den Werwolf P&P-Runden.

– Sei mystisch, aber folge „realen“ Quellen (z.B. heidnische Schriften, Edda, Hexenglaube, lokale Märchen der Wenden, Sorben, Pruzzen, Litauer).

– Respektiere JEDEN Gangrel, der seine Jagd hinter sich hat. Jeder „erwachsene“ Gangrel ist sein eigener König, und verdient Respekt für den Weg, den er beschritten hat, egal wie sehr dieser von deinem abweicht. Du bist nicht er – er ist nicht du. Und beide habt ihr tödliche Waffen. Dies ist der Grundrespekt der Gangrel voreinander.

– Drohe häufiger, als tatsächlich zuzuschlagen. Wie ein Tier kämpfst du nur zum Überleben oder um Futter zu bekommen. Brutale Zur-Schau-Stellung nach Brujah-Stil liegt den Gangrel nicht. Du drohst, knurrst, fauchst, schüchterst ein oder verpasst mal einen Warnschlag – aber du spielst nicht.

Ziele

Jeder Charakter hat eindeutige Ziele, die er durchzusetzen versucht. Das ist auch gut so – denn bei uns kommen die Plots von den Charakteren, nicht etwa von der SL.

Bei uns braucht sich niemand zu langweilen. Wenn es eine jener ruhigen Sessions ist, sollte dies jedem Spieler Aufforderung sein, mit seinem Charakter aktiv zu werden – z.B., indem man versucht, seine Ziele zu verfolgen.

Unabhängig von den individuellen Zielen deines Charakters gibt es bestimmte Zielsetzungen, die als „clans-typisch“ gelten können und die dein Charakter ZUSÄTZLICH zu seinen eigenen Zielen verfolgen sollte.

Die Neonaten:
Gangrel-Neonaten sind sehr allein, und das nicht immer absichtlich. Die Welt der Vampire – das ist SEHR wichtig – ist den Neonaten von Clan Gangrel noch sehr fremd. Viele kennen nicht einmal alle Clane, und das meiste wissen sie nur vom Hörensagen. Das einzige, worauf sich ein Neonate verlassen kann, ist er selbst. Bündnisse und Freundschaften bleiben distanziert, denn du weißt: Im Zweifel bist du auf dich gestellt, und für jeden Freund, den du hast, kommen dessen Feinde gratis mit dazu. Über die Ancillae und Ahnen des Clanes wissen die Neonaten meist nichts, sind aber dakbar, wenn ihnen Rat zuteil wird.

Typische Ziele für Gangrel-Neonaten sind:
Überlebe. Die meisten jungen Gangrel wissen noch nicht, was sie eigentlich sind. Versuche, deine neue Existenz zu begreifen und zu erfühlen.
Mache den Clan stolz auf dich. Die europäischen Gangrel geben durchaus einiges auf Hierarchien im Clan (wenn auch längst nicht so viel wie die anderen Clane). Bei den Gangrel zählen nur Taten. Wenn deine Taten des Respekts würdig sind, wirst du Respekt erhalten.
Verteidige dein Revier. Gangrel-Neonaten, besonders Stadtgangrel, müssen damit fertigwerden, dass ihnen eigentlich nichts gehört. Da die meisten materialistisch erzogen wurden, müssen sie mit dem Neid gegenüber den Besitztümern der wohlhabenden Clane fertigwerden. Üblicherweise schlägt sich dies in der Inbesitznahme eines Reviers (z.B. eines Parks, oder auch eines Großstadtreviers) nieder, dass sie mit Vehemenz verteidigen.

Die Ancillae:
Die Gangrel-Ancillae sind vor allem am Clansfrieden interessiert. Sie sind nicht so verunsichert wie die Neonaten, aber auch nicht so weit von den Geschäften der anderen entfernt wie die meisten Ahnen. Ancillae tendieren dazu, aktionsorientiert zu denken und zu handeln, denn Stolz sind sie auf das, was sie schon überlebt haben.

Typische Ziele für Gangrel-Ancillae sind:
Als Söldner arbeiten. Die Ancillae sind abenteuerlustig und suchen den Thrill. Deshalb verkaufen sie ihre Dienste an diejenigen, die ihren Preis bezahlen. Um das Geld geht es ihnen weniger als um den Kick.
Feinde bekämpfen. Wer für die Camarilla einsteht, bekommt es bald mit den vielen Feinden der Camarilla zu tun. Den abenteuerlustigeren Gangrel-Ancillae passt das vorzüglich, können sie hier doch ihre Kräfte messen.
Die Schwachen schützen. Trotzdem sie an das Recht des Stärkeren glauben, setzen viele Gangrel ihre Kräfte zum Schutz von Schwächeren (Kainiten oder Sterblichen) ein. Viele konzentrieren sich hierbei auf einen bestimmten Schützling.

Die Ahnen:
Was diese bewegt, weißt du nicht. Gangrel, die Jahrhunderte, ja, Jahrtausende überlebt haben, gehören zu den furchteinflößendsten Kreaturen der World of Darkness. Viele der alten europäischen Gangrel lebten einst als Götter und viele empfinden sich auch heute noch als solche. Unter kaum einem Clan gab es zur Zeit der Zwangschristianisierung mehr Opfer als unter der Generation der heidnischen Gott-Gangrel.


©Dieser Artikel stammt  von Andreas Schroth aus der Domäne Berlin -MidnightDance-.

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