1999 Bericht

Ein Bericht von Dr. Christopher Rabenstein

Der Text ist auch Intime.

Betreff: Zusammenfassende Darstellung und beginnende Auswertung der Ereignisse der Nacht vom achten zum neunten Januar 1999 aus Sicht von Dr. C. J. Rabenstein

Zur Einleitung: im folgenden möchte ich, Dr. C. J. Rabenstein, die Gelegenheit ergreifen, die wohl folgenschweren Ereignisse der Nacht vom Freitag, dem achten Januar auf den folgenden Tag wiederzugeben und, sofern es mir notwendig erscheint, zu kommentieren. Die fatalen Konsequenzen der sich zugetragenen Geschehnisse stellen mich, als direkten Zeugen, vor die zwingende Notwendigkeit dazu.

Für den Leser anzumerken und aufzuzeigen seien bereits im Vorfeld folgende Punkte:

Zum ersten sei explizit darauf hingewiesen, daß alle folgenden Schilderungen und Erläuterungen meiner eigenen Perspektive und Beobachtung der Fakten entstammen. Ich werde im folgenden so bemüht objektiv und fern jeglicher Emotionen bleibend fortfahren, wie nur irgend möglich. Dem kritischen Leser wird jedoch im allgemeinen bisher kaum entgangen sein, daß absolute Objektivität für wohl jeden Verfasser jenseits aller Möglichkeiten liegt.

Zum zweiten seien diese Ausführungen ausdrücklich an jeden, sich zur Camarilla bekennenenden, Kainiten der Domäne Teutoburg gerichtet. Ob in die Ereignisse involviert oder nicht, sollten das Folgende für einen jeden von höchster Bedeutung sein. Alle Beteiligten seien herzlichst aufgefordert, mir ihre Sichtweise der Geschehnisse zu schildern, da eine genauere Analyse, wie sie wohl im Interesse aller liegt, nur aufgrund der Perspektive eines jeden Involvierten möglich scheint. Darüber hinaus bin ich natürlich gerne bereit, mich jedem Beteiligten, insofern er die nötige Reife dazu besitzt, zur Diskussion bezüglich meiner Bewertung der Sachlagen zu stellen.

Zum letzten und wichtigsten sei in aller Deutlichkeit klargestellt, daß ich diesen Text nur vor ausgewählter und eingeweihter Leserschaft präsentiere, sowie auch nur der solchen zugänglich mache. Mit der Veröffentlichung sei meine Sorgfalt in dieser Sache damit erfüllt. Der Schutz vor der Kenntnis Dritter im Sinne der Maskerade obliege fortan der Verantwortung des Lesers.

Ich möchte nun mit meiner Schilderung und Bewertung recht formlos und möglichst gestrafft und präzise als Erlebnisbericht fortfahren:

Am Abend des achten Januars traf ich, aufgrund einer von Frau Wolff einberufenen Besprechung, gegen etwa 20 Uhr MEZ in der Villa ein. Grund für die Versammlung war, so wurde mir eröffnet, das einige Tage zuvor bei einer Primogenssitzung eingegangene Rätsel, dessen Wortlaut ich an dieser Stelle nicht noch einmal wiederholen möchte. Zum Zeitpunkt meines Eintreffens anwesende Personen waren: Frau Wolff als Gastgeberin, Fräulein von Uhlenbrock, ihres Zeichens Primogenin des Clans Brujah, Frau Brown, Fräulein Hopster, Fräulein Hellenstein, Herr Berger, Herr van der Veek und der inzwischen von uns gegangene Herr Anders, Friede seiner Asche. (Sollten Anwesende an dieser Stelle unerwähnt geblieben sein, so bitte ich sowohl um Entschuldigung als auch Kenntlichmachung. Dem Leser sei angemerkt, daß diese, sofern vorhanden, für meine Schilderungen von keiner Relevanz sind.) Diese Gesellschaft, dominiert von Kainiten eher jüngeren Alters, befand sich in einer Stimmung, die sich wohl am ehesten mit den Worten emotional und impulsiv beschreiben läßt, gekennzeichnet, so mir dieses Urteil gestattet sei, von der charakteristischen antiautoritären Einstellung der Kinder- und Jugendgeneration unserer heutigen Zeit. Rasch und absolut formlos gestaltete sich das folgende Gespräch, in das kaum Koordination gebracht werden konnte. Einhellige Meinung, so erfuhr ich, bestand darin, des Rätsels Lösung, hinter der sich die Anwesenden Hinweise auf den Aufenthaltsort unseres Prinzen Anastasius von Tecklenburg versprachen, in dem Namen einer Straße in Bünde gefunden zu haben – der ‚Elysiumstraße’ (auch wenn ich anmerken muß, daß zumindest meiner Meinung nach eine Straße, auf die eine oder andere Weise, eben doch ein Ort ist). Mein Drängen nach rationaler Analyse des Sachverhaltes wurde ohne nennenswerte Planung von dem allgemeinem Drängen, zu jenem Ort aufzubrechen überstimmt. So wies ich einen meiner Mitarbeiter an, die Anwesenden, die sich allesamt aufmachten, zu begleiten. Telefonisch mit diesem in Verbindung bleibend, erfuhr ich von den folgenden Ereignissen, die ich, da ich nicht persönlich zugegen war, stark gekürzt wiedergeben möchte:

In jener Straße wurde nach einiger Zeit (wohl gegen 20.30 Uhr) eine Person, männlich, ca. 1,80 m groß, Anfang bis Mitte zwanzig, angetroffen, die sich mit dem Vornamen vorstellte und einen Schließfachschlüssel aushändigte. In dem dazugehörigen Schließfach im Bünder Bahnhof befand sich ein Hinweis auf ein Café unweit davon entfernt, wo sich die zuvor getroffene Person inzwischen befand. Diese gab ein weiteres Rätsel an die Anwesenden weiter, dessen Wortlaut ich ebensowenig, wie den des ersteren an dieser Stelle zitieren möchte. Die Gesellschaft begab sich daraufhin wieder in die Villa zurück, wo ich gegen ca. 21.45 Uhr auch wieder eintraf.

Die zuvor bereits geschilderte Stimmung unter den Anwesenden hatte sich durch die vorhergegangen Ereignisse nur noch verschärft und entzog sich jeglichen Strukturierungsversuchen. Wortführend und für die Allgemeinheit meinungsbildend schien mir die Fraktion von Fräulein von Uhlenbrock, Fräulein Hopster und Frau Wolff. Das neu aufgetauchte Rätsel wurde mit allgemeiner Beipflichtung mit dem Hinweis auf eine Straße im Ort Büttendorf gedeutet. Auch trotz neuerlichem, dieses mal vehementem, Drängen auf überlegtes, planendes Vorgehen, zur Majorität nur von meiner Seite, ließ sich eine überhastete Aufbruchstimmung nicht unterdrücken, ohne daß den Beteiligten klar zu sein schien, was sie an jenem Ort überhaupt zu erwarten hatten. Gegen etwa 22.15 Uhr erfolgte dann der Aufbruch in drei verschiedenen Automobilen, gefahren von Frau Brown, Frau Wolff und Herrn Berger; ich wurde dabei nebst Herrn Anders im Wagen von Frau Wolff mitgenommen.

Nach längerwährender Suche im Ort Büttendorf, erreichten wir dann schließlich ein zweistöckiges Einfamilienhaus am Ende der gesuchten Straße. Dieses muß etwa um 23.00 Uhr herum geschehen sein. Alle Beteiligten stiegen daraufhin aus und versammelten sich mehr oder weniger versteckt um den Eingang, ein einheitlicher Plan, sofern überhaupt einer vorhanden, schien vom Verlassen der Fahrzeuge an nicht zu bestehen. Direkt vor der Eingangstür oder in unmittelbarer Nähe postierten sich die drei Vertreterinnen des Clans Brujah, namentlich Frau Brown, Frau Wolff und Fräulein von Uhlenbrock: die übrigen verblieben zum Teil in meiner Nähe oder ihr damaliger Aufenthaltsort entzog sich meiner Kenntnis. Ich selbst verweilte zur Beobachtung an der, dem Eingang zugelegen Hausecke der Voderfront. Aus dem Inneren des Hauses konnte ich die Stimmen von drei verschieden männlichen Personen vernehmen, die in recht ausgelassener Laune, wie mir schien auch unter Drogeneinfluß, zu seien schienen – es hätte sich gut und gerne um eine kleinere Festivität handeln können. Eine für alle Beteiligten verbindliche Planung der weiteren Vorgehensweise hätte in dieser Situation einen lauteren Tonfall vonnöten gehabt, als akzeptabel war und schien darüber hinaus aufgrund der vollkommen planlosen räumlichen Verteilung unmöglich. So kündigte ich rasch an, daß Gebäude von der, der Straße abgewandten Seite in Augenschein nehmen zu wollen und machte mich auf.

Ich hatte das Gebäude kaum umrundet, als das Chaos endgültig seinen Lauf nahm und die Situation vollkommen außer Kontrolle geriet. Aus dem Inneren hörte ich einen oder mehrere heftige Schußwechsel, gefochten mit automatischen und halbautomatischen Schußwaffen wohl verschiedener Kaliber. Durch die Fenster konnte ich die Schemen zweier Gestalten im Inneren erkennen, bei denen es sich definitiv um Sterbliche handelte. Nach vollendeter Umrundung des Gebäudes stellte ich fest, daß die drei Vertreterinnen des Clans Brujah das Haus durch die Vordertür gestürmt hatten und sich im Inneren einen Kampf mit den dortigen Personen lieferten. Die übrigen Kainiten befanden sich meiner Meinung nach noch außerhalb des Hauses. Der Schußwechsel mag noch einige Minuten angedauert haben, als Herr Anders die Kellertür seitig des Gebäudes vollkommen überraschenden mittels einer Handgranate sprengte. Durch diesen Eingang drang er darauf, nebst Fräulein Hopster und Fräulein Hellenstein, ein. Ich folgte in kurzem Abstand in den Keller bis zu einer Treppe, die aufwärts ins Erdgeschoß führte, wo die drei innehielten. In dem beiliegenden Raum befand sich, über eine Fläche von ungefähr zwei mal einem halben Meter verteilt, ein kalter Aschehaufen, von der Menge her in etwas soviel, wie von einem, lange vor dem Zeitpunkt des Verbrennens bereits toten, Organismus übrigbleibt. Desweiteren war in der Asche ein unterarmlanges, dünnes Holzscheit zu bemerken. Während die drei weiteren Anwesenden nach oben stürmten, entnahm ich der Asche zur weiteren Untersuchung eine Probe. Als sich schließlich der Schußwechsel, nach vielleicht insgesamt zehn Minuten Dauer, gelegt zu haben schien, begab ich mich ebenso über die Treppe nach oben. Dort traf ich Fräulein Hellenstein, Fräulein Hopster und Herrn Anders an, ebenso wie Herrn van der Veek, der allerdings regungslos, allem Anschein nach blutleer, schien. Von draußen waren in einiger Entfernung Polizeisirenen zu hören, so daß ich in aller Eile Fräulein Hellenstein anwies, mir zu helfen, den wehrlosen Herrn van der Veek in den Kofferraum eines der, vor dem Gebäude stehenden, Automobile zu schaffen. Nachdem dies vollbracht war kehrte ich in den Keller zurück, um die dort zurückgelassene Probe der Asche zu hohlen, wobei ich vernahm, wie im Haus wieder Schüsse fielen, wenn auch die Polizei zu jenem Zeitpunkt noch nicht eingetroffen war. Als ich das Gebäude schließlich durch den Kellerausgang wieder verließ, bemerkte ich mehrere Polizeiwagen auf dem Vorhof, woraufhin ich von der rückwärtigen Seite des Gebäudes aus flüchtete, um die ohnehin schon heikle Sachlage nicht noch mehr zu komplizieren.

Abschließend und auswertend gesagt, fehlen mir, so banal das klingen mag, auch nach inzwischen vier vergangenen Tagen noch sprichwörtlich die Worte, zu beschreiben, was aus Unfähigkeit, fehlender Fähigkeit zur Zusammenarbeit und irrationaler Impulsivität erwachsen kann. Einem jeden Beteiligten sollte eigentlich vollkommen klar gewesen sein, daß geplantes Vorgehen nur nach sorgfältiger Analyse bereits vor dem Aufbruch – oder im konkreten Fall zumindest noch in angemessener Entfernung vom Zielgebäude – möglich sein konnte. So unkoordiniert, wie der übereilte Aufbruch von der Villa erfolgte, war das chaotische Scheitern bereits vorprogrammiert. Über die Verantwortungslosigkeit, mit der gehandelt wurde, als ein Haus mit gezogenen Waffen gestürmt wurde, bei dem nicht im geringsten bekannt war, was darin überhaupt zu erwarten sei (wie bereits erwähnt, hätte es sich den Geräuschen nach auch einfach nur um eine Festivität darin handeln können), mache man sich besser keine Gedanken, wenn man nicht kalkulierte Menschenverachtung unterstellen wollte.

Wie dem allen auch sei, was bleibt, ist jetzt nur noch die Konsequenzen aufzuarbeiten – ungeschehen machen läßt sich wohl nichts mehr.

Herr Anders, einer derjenigen, über deren Schicksal nach dieser Nacht ich informiert bin hat für die Geschehnisse seinen höchsten Preis gezahlt. Möge er den ewigen Frieden finden.


Für die Einheit und Stärke der Camarilla,

Dr. Christopher Johannes Rabenstein,

Clan Tremere

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